Orden und Spiritualität

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Die Spiritualität des Karmel hat, entsprechend der ihr eigenen Offenheit und Weite, sehr verschiedene Ausprägungen erfahren.

Neben unserer karmelitanischen Spiritualität, die unser Leben trägt, leben wir eine „Spiritualität des Ortes“: Was uns hier vor Ort begegnet, welche Lebensthemen hier anklingen, das bestimmt unseren konkreten Alltag. Der Gründungsgedanke vom Karmel Dachau, der in veränderter Weise seine Fortsetzung durch Plötzensee und die Menschen im Widerstand erfahren hat, das Leben neben und mit der Gedenkkirche, die seit Jahren gelebte Ökumene und die vielen suchenden Menschen in unserer Stadt bringen die große Weite karmelitanischen Lebens mit den Herausforderungen eines „kontemplativen Klosters in der Hauptstadt“ zusammen.


Der Orden

Der Name stammt von einem Gebirgszug in Israel, der zwischen dem Mittelmeer und der Ebene Jesreel liegt. Das hebräische Wort bedeutet „Fruchtgarten“. In der biblischen Erinnerung ist der Berg Karmel mit dem Propheten Elija verknüpft (1 Kön 18).

Ursprünge

Die wichtigste Anweisung lautet:

„Jeder soll Tag und Nacht im Gesetz des Herrn meditieren und im Gebet wachen.“

Abendländische Einsiedler lassen sich im 12. Jahrhundert auf dem Gebirgszug Karmel nieder. Eine Gruppe schließt sich zu einer losen Gemeinschaft zusammen, die sich die „Brüder der seligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel“ nennen. Sie erhalten vom Patriarchen von Jerusalem eine Lebensordnung, die sogenannte „Ursprüngliche Regel“, die noch heute als Grundgesetz des Karmelordens gilt. Die wichtigste Anweisung lautet: „Jeder soll Tag und Nacht im Gesetz des Herrn meditieren und im Gebet wachen.“
Schon im 13. Jahrhundert gehen die Karmeliten nach Europa und leben nach einer gemilderten Regel als Bettelmönche. Die ersten Frauenklöster werden im 15. Jahrhundert dem Orden angegliedert.

Teresianischer Karmel

Teresa von Ávila (1515-1582), seit 1535 Karmelitin im Kloster von der Menschwerdung in Ávila, gründet 1562 mit Gleichgesinnten das erste Kloster der Reform. Bis zu ihrem Tod folgen 16 weitere Reformklöster für Frauen und zwei für Männer. Kernpunkte ihrer Reform sind der Vorrang des Gebetes, die Pflege des Eremitischen (Schweigen), aber auch die Gemeinschaft, die Anspruchslosigkeit im Lebensstil sowie die Ausrichtung des Lebens auf die Fürbitte für die Nöte der Kirche und der Menschen.


Spiritualität

Wir schöpfen aus einer reichen Quelle, die sich vor allem nährt durch unsere christlichen Wurzeln und unseren Glauben. Von den Ursprüngen her verbinden sich in unserem Orden Elemente des Eremitischen und des Gemeinschaftslebens. Der Reichtum unserer Spiritualität liegt darin, dass es außer Teresa von Ávila weitere Schwestern und Brüder unseres Ordens gibt, die durch ihr Leben und ihr eigenes Charisma dem Karmel eine große Vielfalt geben.

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Teresa von Ávila

Teresa von Ávila (1515-1582) lebt aus der Erfahrung der Nähe Gottes. Das geistliche Leben ist für sie ein Weg wachsender Freundschaft mit Jesus.

Nichts soll dich verwirren,
nichts dich erschrecken.
Alles vergeht,

Gott ändert sich nicht.
Die Geduld
erlangt alles.

Wer Gott hat,
dem fehlt nichts.
Gott nur genügt.


Johannes vom Kreuz

Für Johannes vom Kreuz (1542-1591) ist Gott der „Geliebte der Seele“, den er in der dunklen Nacht des Glaubens sucht.

Wie gut weiß ich den Quell,
der fließt und strömt,
obwohl es Nacht ist.

1 Ja, jene ew’ge Quelle ist verborgen.
Doch weiß ich gut, wo ihre Bleibe ist,
obwohl es Nacht ist.

2 Den Ursprung kenn ich nicht, denn sie hat keinen.
Doch aller Ursprung stammt aus ihr. Ich weiß es,
obwohl es Nacht ist.

3 Ich weiß, daß nichts so schön sein kann wie sie,
daß Himmel und die Erde aus ihr trinken,
obwohl es Nacht ist.

4 Ich weiß, es findet sich kein Grund in ihr,
und keines Menschen Fuß kann sie durchwaten,
obwohl es Nacht ist.

5 Die Klarheit, die sie hat, wird nie verdunkelt,
und alles Licht – ich weiß es – stammt von ihr,
obwohl es Nacht ist.

6 Ich weiß, daß ihre Ströme, reich an Wasser,
die Hölle, Himmel und die Völker tränken,
obwohl es Nacht ist.

7 Der Strom, den dieser Quell aus sich entläßt
ist mächtig, ja allmächtig, wie ich weiß,
obwohl es Nacht ist.

8 Dem Strom, der aus den beiden hier hervorgeht,
ich weiß’s, geht keiner von den zwein voran,
obwohl es Nacht ist.

9 Ja, diese ew‘ge Quelle ist verborgen
in diesem Brot, um Leben uns zu geben,
obwohl es Nacht ist.

10 Von hier wird alle Kreatur gerufen,
und dieses Wasser sättigt sie – im Dunkeln,
weil es ja Nacht ist.

11 Den Lebensquell, nach welchem ich mich sehne,
in diesem Brot des Lebens seh‘ ich ihn –
jedoch bei Nacht.


Thérèse von Lisieux

Thérèse von Lisieux (1873-1897) entdeckt die Gegenwart Jesu in den Banalitäten des Alltags und in ihrer eigenen Schwäche; sie geht den „kleinen Weg“ des unbedingten Vertrauens.

Ich habe meine Berufung gefunden,
meine Berufung ist die Liebe!
Ja, ich habe meinen Platz in der Kirche gefunden,
und diesen Platz, mein Gott,
den hast du mir geschenkt …
Im Herzen der Kirche, meiner Mutter,
werde ich die Liebe sein …
So werde ich alles sein …,
so wird mein Traum Wirklichkeit werden.


Edith Stein

Edith Stein – Teresia Benedicta vom Kreuz – (1891-1942) versteht ihre rastlose Wahrheitssuche rückschauend als „ein einziges Gebet“. Gott finden schließt für sie Respekt vor jeder religiösen Überzeugung ein. Ihre tiefe Verbundenheit mit ihrem Volk findet in ihrer Ermordung als Jüdin in Auschwitz ihren Höhepunkt.

Was nicht in meinem Plan lag, das hat in Gottes Plan gelegen. Und je öfter mir so etwas begegnet, desto lebendiger wird in mir die Glaubensüberzeugung, dass es – von Gott her gesehen – keinen Zufall gibt, dass mein ganzes Leben bis in alle Einzelheiten im Plan der göttlichen Vorsehung vorgezeichnet und vor Gottes allsehendem Auge ein vollendeter Sinnzusammenhang ist.

Gott verlangt nichts vom Menschen, ohne ihm zugleich die Kraft dafür zu geben.


Elisabeth von Dijon

Elisabeth von Dijon (1880 – 1906) fand ihren Sinn darin, ihr Leben in Freundschaft mit dem dreifaltigen Gott „zum Lob seiner Herrlichkeit“ zu gestalten.

O mein Gott,
Dreifaltigkeit, die ich anbete:
Hilf mir, mich ganz zu vergessen,
um mich in Dir anzusiedeln,
ganz gesammelt und ganz in Frieden,
fest gegründet in Deinem ewigen Jetzt.


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Schwesternportrait

Sr. Mechthild

Eine wichtige Entdeckung meines Lebens im Karmel ist der liebende Blick Gottes, der mich und alle Menschen begleitet. Ich möchte Menschen ermutigen den segnenden Blick Gottes über ihrem Leben zu entdecken, gerade auch auf dunklen Wegabschnitten. Weiterlesen ...

Kostbar in Deinen Augen

Das Symbol vom Auge Gottes ist ein zentraler Teil meines Lebens geworden. Es findet sich auch auf dem Altargemälde von Georg Meistermann in unserer Gedenkkirche. Immer mehr lerne ich vertrauen, dass ich in Gottes Augen kostbar und wertvoll bin: „Vater, Du schaust mich an!“

Ich möchte Menschen ermutigen den segnenden Blick Gottes über ihrem Leben zu entdecken, gerade auch auf dunklen Wegabschnitten. Besonders berühren tut mich in diesem Zusammenhang ein Gebet der heiligen Thérèse von Lisieux:

Du, dessen Auge mich sucht in der Tiefe,
Du, ohne Furcht vor dem Abstieg zu mir,
komm in mein Herz, Du Brot meines Hungers!
Komm in mein Herz! Es brennt ja nach Dir!

Der geheimnisvolle Gott ist uns in Jesus nahegekommen. Er ist der gute Hirte, der alle Menschen in seinem Herzen trägt. Bei ihm sind wir geborgen und in guten Händen. Wir sind sein Augenstern. So bete ich gerne für alle Menschen, denen wir verbunden sind, die Worte aus dem Abendgebet:

Wie deines Auges Stern behüte mich, birg mich im Schatten deiner Flügel.
(Responsorium, Mittwoch der 2. Woche im Jahreskreis)

Sr. Mechthild Brömel OCD

Wer suchet, der findet!

Nichts soll dich verwirren,
nichts dich erschrecken.
Alles vergeht,

Gott ändert sich nicht.
Die Geduld
erlangt alles.

Wer Gott hat,
dem fehlt nichts.
Gott nur genügt.