Ökumene
Heilendes Erinnern – ein Auftrag
in unserer Gedenkregion im Norden Berlins
Tafel »Emmaus-Abendmahl-Ostern« aus dem »Plötzenseer Totentanz« von Alfred Hrdlicka im Kirchsaal des Ökumenischen Gedenkzentrums Plötzensee
So wie die dem Tod Geweihten im Schatten des Galgens von Plötzensee sich unabhängig von ihrer Konfessionszugehörigkeit des Mitgehens Gottes im Brechen des Brotes vergewissert haben, so wollten sich auch in folgenden Zeiten Glaubende diesseits und jenseits des ökumenischen Glockenturms immer wieder des Mitgehens Gottes auf ihren unterschiedlichen Wegen vergewissern. … Die „Ökumene der Märtyrer“ sollte sich an diesem Ort notwendigerweise in einer „Ökumene der Lebenden“ fortsetzen!
(Superintendent Carsten Bolz, aus: Ökumenisches Leben rund um den ökumenischen Glockenturm)
„Die Lebensregeln des Karmel sind ganz im Innern und in der Stille beschlossen, aber der Karmel ist in Berlin Teil eines sehr öffentlichen Dienstes. Zwar können die Schwestern nicht ungeschehen machen, was in Plötzensee geschehen ist, aber sie setzen dem früheren Unheil ihr Heil entgegen. Weil sie vermögen, neben dem Ort des Grauens ihr Heil zu leben, erschaffen sie ein währendes und heilendes Erinnern.“ (aus einem Brief von Freya von Moltke zum 25-jährigen Jubiläum vom Karmel Regina Martyrum)
Wir Schwestern leben als kontemplative, betende Gemeinschaft mitten in der Stadt – an einem besonderen Ort – an einem Ort des Gedenkens und Erinnerns neben der Gedenkkirche „Maria Regina Martyrum“. Dieser Ort, angebunden an den geschichtsbeladenen Ort in der Nähe, Plötzensee, ist eine immer neue Herausforderung. Immer wieder dürfen wir in Begegnungen erfahren, dass Erinnerung heilsam sein kann, wo Unbegreifliches das Leben belastet.
Schon über 30 Jahre sind wir in ökumenischer Gemeinschaft unter dem gemeinsamen Glockenturm mit unseren evangelischen Nachbarn mit der evangelischen Gedenkkirche Plötzensee auf dem Weg. Als 2009 das „Ökumenische Gedenkzentrum Plötzensee – Christen und Widerstand“ gegründet wurde, weitete sich der Kreis. Heute stellen sich viele engagierte Christen mit uns an diesem Ort diesem immer aktuellen Auftrag des Gedenkens und Erinnerns. Es sind die monatlichen Ökumenischen Friedensgebete und die Plötzenseer Abende mit Themen und Referenten, die viele Besucher ansprechen. Ökumenische Gottesdienste am 20. Juli oder anderen Gedenktagen, Führungen von Gruppen durch unsere Kirchen oder Gespräche mit Interessierten gehören zum Ökumenischen Leben hier an diesem Ort.
Wir wollen in ökumenischer Gemeinschaft
- gedenken – insbesondere der Menschen des Widerstandes und der Widerständigkeit gegen die Nazi-Herrschaft,
- beten und handeln – für die Menschen, die heute unter Unrechtsregimen leben und deren Menschenrecht und Menschenwürde mit Füßen getreten wird,
- lernen und darüber nachdenken – welche Konsequenzen für Theologie, Frömmigkeit und konkretes Handeln sich für Christinnen und Christen aus den Erfahrungen der Nazi-Zeit ergeben.
Wir laden ein zu
- Führungen durch die Gedenkkirchen, Information, Gespräch
- Tagungen und Seminaren
- Pädagogischen Angeboten für Jugendgruppen, Schulklassen und andere Gruppen
- Ausstellungen, Vorträgen, Konzerten,
- Gottesdiensten zum Märtyrergedenken
- Plötzenseer Abende – Vortrag und Gespräch nach dem monatlichen Ökumenischen Friedensgebet
Ökumenische Gedenkzentrum Plötzensee „Christen und Widerstand“
Unweit der ehemaligen nationalsozialistischen Hinrichtungsstätte Plötzensee (heute Gedenkstätte) und in Nachbarschaft zur Katholischen Gedenkkirche Maria Regina Martyrum ist seit 2009 im Evang. Gemeindezentrum Plötzensee das Ökumenische Gedenkzentrum Plötzensee angesiedelt.
Anschrift & Öffnungszeiten
Ökumenisches Gedenkzentrum Plötzensee
„Christen und Widerstand“
Heckerdamm 226 | 13627 Berlin
Tel. 030 / 3813478 (Pfr. Michael Maillard)
E-Mail schreiben
www.gedenkzentrum.de
geöffnet: Donnerstag 16:00-18:00 Uhr und nach Vereinbarung
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Schwesternportrait
Sr. Mirjam
Seit der Gründung unseres Klosters, dem Karmel Regina Martyrum, 1984, lebe ich hier, neben der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum. Dieser Ort, angebunden an den geschichtsbeladenen Ort in der Nähe, Plötzensee, war mir von Anfang an eine Herausforderung. Weiterlesen ...
Dieser Ort birgt ein Geheimnis.
Dieser Ort birgt ein Geheimnis; das erlebe ich, wenn ich allein in unserer Kirche bin, um einen Gottesdienst vorzubereiten, beim Schmücken der Kirche mit Blumen, wenn wir Gottesdienst feiern, am Werktag in der Krypta oder am Sonntag mit der großen Gottesdienstgemeinde in der Oberkirche oder wenn ich Einzelne und Gruppen begleite, die die Gedenkkirche besuchen.
Unsere Kirche bietet einen Raum an, jenseits von Erwartetem. Oft ist der Besucher zuerst einmal sprachlos, und ich teile diese Sprachlosigkeit immer wieder neu, angesichts des Ortes mit allem, was seine Architektur und Kunst vermitteln.
Ein Raum des Erinnerns an Dunkles und Lichtes tut sich auf. Alles, was ich mitbringe, hat Platz. Jedes Anliegen, jede Bitte kann ich bei der Pietà in der Krypta mit dem Entzünden einer Kerze ablegen. Bei vielen Besuchern erlebe ich eine tiefe Dankbarkeit und ein großes Vertrauen, dass wir Schwestern ihre Sorgen, hier an diesem Ort, mit in unsere Fürbitte hineinnehmen.
In der Oberkirche lädt mich das große Altargemälde von Georg Meistermann ein, Gottes Verheißung zu trauen.
So ist diese Kirche, neben der ich leben darf – mit der ich lebe – für mich immer mehr zu meinem Ort geworden – ein spiritueller Ort der Stille, des Gebetes – ein Ort des Gedenkens und Erinnerns – auch ein ökumenischer Ort, denn unsere gelebte Ökumene hier baut auf der Ökumene der Märtyrer von Plötzensee auf. Unsere Gedenkkirche ist ein Ort der Begegnung für viele: Christen und Nichtchristen, für Glaubende und Nichtglaubende, für Menschen aus verschiedenen Kulturen, für Kunstinteressierte und Geschichtskundige, für Junge und Alte.
Ich erlebe, wie junge Menschen die Botschaft dieses Ortes verstehen, sie ahnen das Unverstehbare, das die Kunst anschaulich macht. Sie begegnen hier Vergangenem, auch dann, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt – und sie begegnen gleichzeitig Gegenwärtigem. Mahnende Erinnerung kann zur wachen Verantwortung werden. So stärkt dieser Ort. Für mich ist es ein Hoffnungsort. Er hilft mir und vielen, die hierherkommen, den Verheißungen Gottes heute zu trauen.
Sr. Mirjam Fuchs OCD