Plötzensee
„Wir haben nur gedacht… Und vor den Gedanken dieser einsamen Männer, den bloßen Gedanken, hat der Nationalsozialismus eine solche Angst, dass er alles, was damit infiziert ist, ausrotten will. … Wir werden gehenkt, weil wir zusammen gedacht haben.“ (Helmuth James Graf von Moltke aus dem Gefängnis an seine Frau Freya)
Die Strafanstalt Plötzensee wurde von 1868 bis 1879 als Gefängnis für 1200 Gefangene vor den Toren Berlins errichtet. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 verschärften sich auch in Plötzensee die Haftbedingungen, und der Ort diente zudem als Untersuchungsgefängnis für politische Strafverfahren. Ziele des Strafvollzugs waren nun Vergeltung, Abschreckung und die „Ausmerzung“ angeblich „Minderwertiger“.
Sr. Maria Teresia berichtet über die Bedeutung von Plötzensee
Während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden in der Hinrichtungsstätte Plötzensee 2891 Todesurteile vollstreckt. Es waren Tschechen, Polen, Franzosen, Österreicher, Niederländer, Belgier, Deutsche und Angehörige anderer Nationen. Die meisten von ihnen hatten in irgendeiner Form, allein oder in Gruppen Gleichgesinnter, gegen das Unrechtssystem des Nationalsozialismus Widerstand geleistet.
1951 beschloss der Berliner Senat, in Plötzensee eine Gedenkstätte zu errichten. Seit der feierlichen Einweihung am 9. September 1952 ist Plötzensee ein Ort der Erinnerung und des stillen Gedenkens an alle Opfer der nationalsozialistischen Diktatur.
Die Verbindung zu Plötzensee ist für die Gedenkkirche Maria Regina Martyrum ebenso wichtig wie für die benachbarte evangelische Gedenkkirche Plötzensee und für das 1984 gegründete Karmelitinnenkloster Regina Martyrum. Die Bereitschaft, vergangenes Leid und die täglich neu begegnenden Leiden so vieler Menschen an sich heranzulassen, gründet in der Offenheit gegenüber Gott und in einer lebendigen Beziehung zu Jesus Christus. So verstehen die Berliner Karmelitinnen ihr Leben in einem umfassenden Sinn als Fürbitte.
Gedenkstätte Plötzensee
Hüttigpfad
13627 Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf
www.gedenkstaette-ploetzensee.de
Verkehrsverbindung
U-Bahnhof Turmstraße oder S-Bahnhof Beusselstraße
dann Bus 123 bis “Gedenkstätte Plötzensee” (3 Minuten Fußweg)
Öffnungszeiten
März bis Oktober täglich 9:00 – 17:00 Uhr
November bis Februar täglich 9:00 – 16:00 Uhr
(geschlossen: 24. bis 26. Dezember und 31. Dezember bis 1. Januar)
Eintritt frei. Der Ort dient dem stillen Gedenken.
Führungen finden nicht statt.
PFAD DER ERINNERUNG
Der Pfad der Erinnerung erschließt die Gedenkregion Charlottenburg-Nord zwischen der Gedenkstätte Plötzensee und den benachbarten Kirchen, die sich dem Gedenken an den Widerstand gegen die Nazi-Diktatur widmen.
Flyer Pfad der Erinneung mit Karte/Wegbeschreibung
Pfad der Erinnerung (pdf/1,6 MB)
www.pfad-der-erinnerung.berlin
Ein Film mit kurzen Statements von Schwester Mirjam (Karmel), Reinhard Naumann (GKR-Vorsitzender Charlottenburg-Nord), Michael Maillard (Ökumenisches Gedenkzentrum), Monsignore Hansjörg Günther (Gedenkkirche Maria Regina Martyrum) und Sabine Sieg (Gedenkstätte Deutscher Widerstand):
Film über den “Pfad der Erinnerung”Zurück
Pfad der Erinnerung
Schwesternportrait
Sr. Mirjam
Seit der Gründung unseres Klosters, dem Karmel Regina Martyrum, 1984, lebe ich hier, neben der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum. Dieser Ort, angebunden an den geschichtsbeladenen Ort in der Nähe, Plötzensee, war mir von Anfang an eine Herausforderung. Weiterlesen ...
Dieser Ort birgt ein Geheimnis.
Dieser Ort birgt ein Geheimnis; das erlebe ich, wenn ich allein in unserer Kirche bin, um einen Gottesdienst vorzubereiten, beim Schmücken der Kirche mit Blumen, wenn wir Gottesdienst feiern, am Werktag in der Krypta oder am Sonntag mit der großen Gottesdienstgemeinde in der Oberkirche oder wenn ich Einzelne und Gruppen begleite, die die Gedenkkirche besuchen.
Unsere Kirche bietet einen Raum an, jenseits von Erwartetem. Oft ist der Besucher zuerst einmal sprachlos, und ich teile diese Sprachlosigkeit immer wieder neu, angesichts des Ortes mit allem, was seine Architektur und Kunst vermitteln.
Ein Raum des Erinnerns an Dunkles und Lichtes tut sich auf. Alles, was ich mitbringe, hat Platz. Jedes Anliegen, jede Bitte kann ich bei der Pietà in der Krypta mit dem Entzünden einer Kerze ablegen. Bei vielen Besuchern erlebe ich eine tiefe Dankbarkeit und ein großes Vertrauen, dass wir Schwestern ihre Sorgen, hier an diesem Ort, mit in unsere Fürbitte hineinnehmen.
In der Oberkirche lädt mich das große Altargemälde von Georg Meistermann ein, Gottes Verheißung zu trauen.
So ist diese Kirche, neben der ich leben darf – mit der ich lebe – für mich immer mehr zu meinem Ort geworden – ein spiritueller Ort der Stille, des Gebetes – ein Ort des Gedenkens und Erinnerns – auch ein ökumenischer Ort, denn unsere gelebte Ökumene hier baut auf der Ökumene der Märtyrer von Plötzensee auf. Unsere Gedenkkirche ist ein Ort der Begegnung für viele: Christen und Nichtchristen, für Glaubende und Nichtglaubende, für Menschen aus verschiedenen Kulturen, für Kunstinteressierte und Geschichtskundige, für Junge und Alte.
Ich erlebe, wie junge Menschen die Botschaft dieses Ortes verstehen, sie ahnen das Unverstehbare, das die Kunst anschaulich macht. Sie begegnen hier Vergangenem, auch dann, wenn es keine Zeitzeugen mehr gibt – und sie begegnen gleichzeitig Gegenwärtigem. Mahnende Erinnerung kann zur wachen Verantwortung werden. So stärkt dieser Ort. Für mich ist es ein Hoffnungsort. Er hilft mir und vielen, die hierherkommen, den Verheißungen Gottes heute zu trauen.
Sr. Mirjam Fuchs OCD